Bernhard Hermann Bosch

Bernhard Hermann Bosch wurde am 15. April 1958 geboren. Nach dem Abitur studierte er Wirtschaftswissenschaften. In den folgenden Jahren und auch schon parallel dazu war er im elterlichen Betrieb tätig und führte dort die neuste Computertechnik ein. 1997 meldete er ein eigenes Gewerbe "Objekt- und Vermögensverwaltung" an. (1)

Bernhard Hermann Bosch verstarb am 14.März 2008 an Kreislaufversagen nach einer Operation, die notwendig wurde als Folgeerkrankung durch Wahrnehmungsdefizite aufgrund des Asperger-Syndroms.


Eigener Erlebensbericht

ICH ÜBER MICH
zu meinem "Asperger-Syndrom":
Sehnde, den 8. Oktober 2006 (2)

Auffälligkeiten und Probleme begleiten mich schon mein ganzes Leben und nach 48 Jahren wurde mir eher durch Zufall die Lösung und Erklärung hierzu geliefert.
Am Montag, dem 24 April, 16.30 Uhr befand ich mich mit meiner Mutter im Auto auf der Heimfahrt in Richtung Sehnde.

Sehr gerne höre ich im Deutschlandfunk eine Sendung, deren Titel "Forschung aktuell" lautet und die mehrere Beiträge über Naturwissenschaften und Technik beinhaltet (3). Sie dauert von 16.36 Uhr - 17.00 Uhr und wird mit einem dreiminütigem Thema über Astronomie beendet. Diese Sendung hörten wir beide nun auch während der Heimfahrt. Ein Beitrag der Sendung handelte vom Asperger-Syndrom, einer Form der Autismus, auch psychiatrischer Autismus genannt. Der Begriff Autismus ist vielleicht bekannt. Der Film Rain Man mit Dustin Hoffmann, der 1989 in die Kinos kam, handelt über einen autistischen Mann und machte dieses Thema erstmalig in der Öffentlichkeit bekannt. Autismus ist eine Persönlichkeitsstörung.

In diesem Bericht wurde ein Junge mit Asperger-Syndrom beschrieben und dabei wurde ich hellhörig und gab als Kommentar ab: " Das könnte ich auch sein!"

Meine Mutter wurde noch aufmerksamer, als sie es schon war und griff diese Bemerkung gedanklich auf. Am Tag drauf stieß ich im Fernsehen auf eine in WDR 3 ausgestrahlte Sendung "Quarks und Co", die sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigte.

Dieses Thema hat uns seitdem sehr intensiv beschäftigt und mittels Internet und Gesprächen und Telefonaten haben wir uns über das Thema weitergebildet. Meine Mutter erfuhr über die Universitäts-Klinik in Göttingen von einem Neurologen und Psychiater in Hamburg, der auf Asperger-Syndrom spezialisiert ist. Wir suchten ihn am Dienstag, den 25. Juli 2006 auf und ich äußerte bei mir Verdacht auf Asperger-Syndrom. Am Ende des 2. Besuchs am 7. September bei ihm - (Dauer jeweils 1 Stunde) - bestätigte er den Verdacht und ich teile nunmehr mit, dass ich seit meiner Geburt an dem Asperger-Syndrom leide. Gleichzeitig ordnete er bei einem HNO-Arzt in Hamburg eine Geräuschempfindlichkeitsmessung an, die am 28. und 29. September stattfand, aber vom Ergebnis her auf seine Diagnose keinen Einfluss hat.

Die nach meiner Pockenschutzimpfung 1960 wahrscheinlich auftretende Gehirnhautentzündung mit Lähmung des linken Beines hat demnach auf mein bisheriges Leben entschieden weniger Einfluss gehabt, als wie bisher angenommen.

Aspergenten fallen durch folgende Eigenarten auf: Sie haben unter anderem bis zur totalen Kontaktunfähigkeit schwächen im Umgang mit Mitmenschen, Schwierigkeiten, in größeren Gruppen verbal zu kommunizieren, sie können zwar über wissenschaftliche Themen mündlich referieren, der Small Talk fällt ihnen aber schwer, Schwierigkeiten mit der Motorik, Probleme, (biologische) Bewegungsabläufe zu erkennen und nachzuahmen, haben aber Sonderbegabungen im Umgang mit Zahlen, Ereignissen, und auch Musik und fallen in diesem Bereich durch extreme Merkfähigkeit und gespeichertem Wissen auf.

Diese Syndrom ist erstmalig von einem österreichischen Kinderarzt Dr. Hans Asperger 1944 beschrieben worden, der diese Erkenntnisse aber nicht außerhalb Österreichs publik machte und erst in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts sickerte der Begriff in die internationale Fachliteratur durch und verbreitete sich dann weiter. Die Folge ist, dass viele Menschen, besonders die nicht mehr so ganz jungen, mit unerkanntem Asperger-Syndrom herumlaufen bzw. in Unkenntnis der Thematik unter einer Fehldiagnose leiden. Arztberichte über mich aus den siebziger Jahren mit dem Wissen über Asperger-Syndrom gelesen, weisen klar auf diesen Befund hin, nur dass damals der Begriff in der Neurologie und Psychiatrie noch unbekannt war.

Hier liegt noch ein breites Tätigkeitsfeld für medizinische Forschungen vor.
Was noch ganz wichtig ist, zu erwähnen: die Ursache liegt in einer anderen, fehlerhaften Vernetzung des Gehirns begründet und es ist zu betonen, dass das Asperger-Syndrom

  • angeboren
  • erblich
  • weder medizinisch noch psychotherapeutisch zu heilen ist und dieses ist besonders wichtig zu betonen: kein von Psychologen oder Esoterikern etc. so gerne bemühtes frühkindliches Erlebnis (Trauma oder Schuldzuweisung an andere) diesem Syndrom zugrunde liegt.

Diese Erkenntnis ist für meine Mutter und mich nun ganz neu und wir und mein Umfeld müssen lernen, mit diesen Erkenntnissen zu leben.

Ich habe nun eine Erklärung für diverse Ereignisse in meinem Leben gefunden und kann mich darauf einstellen.

Vieles in meinem Leben bedarf einer Neubewertung, da unter diesem Gesichtspunkt manches in einem anderen Licht erscheint.

Weitere Informationen hierzu findet man im Internet unter www.aspies.de, www.aspergia.de, www.asperger-online.de. www.aspiana.de. Außerdem bekommt man auf der Homepage des Westdeutschen Rundfunks, www.wdr.de oder der Hompage der Sendereihe Quarks & Co www.quarks.de, wenn man den Suchbegriff Asperger eingibt, viele Hinweise auf Sendungen und Reportagen zu diesem Thema.
(gez.) Bernhard Hermann Bosch

Fundstellen

  1. Aus einem Nachruf seiner Mutter
  2. Der zitierte Text wurde von B.H. Bosch selbst verfasst und ist hier ungekürzt wiedergegeben. Die Veröffentlichung des Textes erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Angehörigen.
  3. Deutschlandfunk: Forschung aktuell